Offener Brief zur geplanten Streichung aller Fördermittel für das Zentrum für sexuelle Gesundheit – Aidshilfe Freiburg Offenburg e.V. durch den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald

Sehr geehrte Mitglieder des Kreistags Breisgau-Hochschwarzwald,
sehr geehrte Vertreter*innen der Medien,

mit großer Sorge wenden wir uns heute an Sie.

Im Rahmen der aktuellen Haushaltsberatungen plant der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald die vollständige Streichung sämtlicher Fördermittel für unseren gemeinnützigen Verein Zentrum für sexuelle Gesundheit – Aidshilfe Freiburg Offenburg e.V. am 15. Dezember 2025. Diese Maßnahme hätte gravierende Folgen für die öffentliche Gesundheit im gesamten Landkreis und würde zentrale präventive Strukturen unwiederbringlich zerstören.

Seit vielen Jahren leisten wir professionelle, niedrigschwellige und gemeinwohlorientierte Arbeit in den Bereichen Beratung, Prävention, Aufklärung und Antidiskriminierung rund um sexuelle Gesundheit, HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen (STI). Unsere Angebote richten sich insbesondere an vulnerable Gruppen – darunter junge Menschen, queere Personen, Menschen mit Migrationsgeschichte und sozial Benachteiligte –, die vom regulären Gesundheitssystem häufig nicht ausreichend erreicht werden.

Wir stehen in kontinuierlichem Austausch mit Ratsuchenden aus dem Landkreis, arbeiten eng mit Schulen, Jugend- und Bildungseinrichtungen zusammen und bieten über unseren Checkpoint anonyme, vertrauliche und professionelle Testungen an. Zudem begleiten wir Menschen bei der Einnahme der HIV-Präventionsmedikation PrEP – einem Angebot, das es im Landkreis nur bei uns gibt.

Steigende HIV-Zahlen zeigen: Prävention bleibt unverzichtbar

Aktuelle Entwicklungen zeigen deutlich, wie notwendig unsere Arbeit ist:
Die HIV-Neuinfektionen steigen in mehreren Regionen wieder an – eine besorgniserregende Entwicklung, die unterstreicht, dass die Erfolge der letzten Jahre nicht selbstverständlich sind. Zudem ist Aids nach wie vor nicht beendet; Menschen erkranken weiterhin schwer. Ohne flächendeckende Prävention, Aufklärung und Testangebote drohen Rückschritte mit erheblichen gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen.

Schon bisher unzureichende Finanzierung durch den Landkreis

Besonders kritisch ist, dass die Förderung durch den Landkreis bereits in den vergangenen Jahren nicht ausgereicht hat, um die tatsächlich benötigten Leistungen vollständig abzudecken. Umso wichtiger war daher die Mitfinanzierung durch andere Landkreise – und vor allem durch die Stadt Freiburg.

Der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald hat über Jahre hinweg erheblich davon profitiert, dass diese zusätzlichen Mittel unsere Arbeit stabilisiert und unsere Angebote für Ratsuchende aus dem Landkreis ermöglicht haben. Die nun geplante vollständige Streichung bedeutet daher nicht nur ein Auslaufen einer ohnehin zu geringen Unterstützung, sondern den ersatzlosen Wegfall zentraler gesundheitlicher Versorgungsstrukturen, die der Landkreis bislang in hohem Maße genutzt hat.

Geplante Streichung bedroht unverzichtbare Präventionsstrukturen

Die vollständige Streichung der Fördermittel hätte unmittelbare, schwerwiegende und für viele Menschen existenzielle Konsequenzen:

  • Wegfall der HIV- und STI-Tests im Checkpoint für Menschen aus dem Landkreis
  • Einstellung der sexualpädagogischen Angebote an Schulen
  • Keine psychosoziale Beratung mehr für Menschen mit HIV und ihre Angehörigen
  • Wegfall der Präventions- und Aufklärungsarbeit für besonders gefährdete Gruppen
  • Kein Zugang mehr zur einzigen Anlaufstelle im Landkreis für PrEP-Beratung und -Begleitung

Diese Angebote verhindern Infektionen, bevor sie entstehen. Eine einzige neue HIV-Infektion verursacht jährlich Kosten von 20.000 bis 23.000 Euro – lebenslang. Prävention ist nicht nur menschlich geboten, sondern auch ökonomisch vernünftig.

Die Einsparung ist eine Illusion – die Belastung wird steigen

Ein Wegfall unserer Angebote würde zwangsläufig zu einer Überlastung des bereits stark beanspruchten Gesundheitsamts führen. Die Aufgaben würden nicht wegfallen, sondern lediglich schlechter, teurer und für viele Menschen unerreichbar erfüllt werden.

Ein fataler gesundheitspolitischer Kurswechsel

Mit der vollständigen Streichung der Mittel würde der Landkreis ein Signal senden, das im deutlichen Widerspruch zu jeder verantwortungsvollen Gesundheits- und Sozialpolitik steht: Prävention, Aufklärung und Teilhabe würden faktisch entwertet – obwohl sie erwiesenermaßen Infektionen verhindern, menschliches Leid reduzieren und Kosten sparen.

Unser Appell an den Kreistag: Nein zur DRS 119a/2025

Wir fordern die Mitglieder des Kreistags mit unserem allergrößten Nachdruck auf, die geplante Streichung der Fördermittel nicht zu beschließen und am 15. Dezember auf den Vorgang DRS 119a/2025 mit NEIN zu stimmen.

Nur eine fortgeführte und bedarfsgerechte Finanzierung ermöglicht es uns, weiterhin eine stabile, niedrigschwellige und qualifizierte Versorgung sicherzustellen – und damit eine gefährliche Versorgungslücke zu verhindern, die insbesondere die vulnerabelsten Menschen im Landkreis treffen würde.

Zentrum für sexuelle Gesundheit – Aidshilfe Freiburg Offenburg e.V.

Sebastian Heusel                  Petra Schwarz                       Dominik Beck            (Vorstand)

Dr. Philipp Redl                     (designierter Geschäftsführer)